
Geschwisterrivalität ist die erste Form des Wettbewerbs, den wir im Leben erfahren.
Unternehmensnachfolge durch Geschwister: Chancen, Herausforderungen und Tipps
Die Unternehmensnachfolge innerhalb der Familie ist ein emotionaler und strategischer Prozess, der mit vielen Herausforderungen verbunden ist. Besonders spannend wird es, wenn mehrere Geschwister in der Unternehmensnachfolge gemeinsam das Familienunternehmen weiterführen sollen. Das ist immer häufiger der Fall, weil die Unternehmen, die übergeben werden, oft groß genug geworden sind, um mehreren Kindern eine Position zu ermöglichen und weil das Verteilen einer unternehmerischen Führung auf mehrere Schultern auch viele Vorteile mit sich bringt. Die Sichtweise, dass nur einer die Nachfolge antreten kann, hat sich inzwischen auch geändert.
Bei einer Nachfolge mit mehreren Geschwistern treffen unterschiedliche Vorstellungen, Erfahrungen und Persönlichkeiten aufeinander. Dass kann sowohl Chancen als auch Konfliktpotenzial mit sich bringen. In diesem Beitrag beschreibe ich wichtigste Aspekte der Unternehmensnachfolge durch Geschwister aus meinen Erfahrungen mit diversen Geschwisterkonstellationen in der Nachfolge und gebe praktische Tipps, wie eine erfolgreiche Übergabe auch gemeinsam mit dem Bruder, oder der Schwester gelingen kann.
1. Herausforderungen bei der Nachfolge durch Geschwister
1.1 Unterschiedliche Interessen und Visionen
Geschwister wachsen unter ähnlichen Bedingungen auf, entwickeln aber oft unterschiedliche Lebensziele und berufliche Ambitionen. Während einer vielleicht eine konservative Wachstumsstrategie bevorzugt, setzt der andere auf Innovation und Expansion. Diese Differenzen können zu Spannungen führen, wenn keine klare gemeinsame Vision entwickelt wird.
1.2 Unklare Rollenverteilung
Ein häufiger Stolperstein in der Unternehmensnachfolge ist die mangelnde Klarheit über Rollen und Verantwortlichkeiten. Ohne klare Absprachen können Missverständnisse entstehen, die den Geschäftserfolg gefährden. Die Entscheidung, wer die Geschäftsführung übernimmt oder welche Bereiche von wem verantwortet werden, sollte frühzeitig getroffen und dokumentiert werden.
1.3 Familiendynamiken und emotionale Bindungen
Familiäre Beziehungen sind oft von tiefen emotionalen Bindungen geprägt, die sowohl eine Stärke als auch eine Herausforderung darstellen können. Alte Konflikte oder ungelöste Rivalitäten aus der Kindheit können den Nachfolgeprozess belasten und professionelle Entscheidungen immer wieder erschweren. Die Wirkung der systemischen Hintergründe in Familienunternehmen muss mit den Beteiligten unbedingt besprochen werden.
1.4 Entscheidungsfindung und Konfliktmanagement
Während eine Einzelperson Entscheidungen unabhängig treffen kann, müssen Geschwister oft einen Konsens finden. Unterschiedliche Entscheidungsstile und Prioritäten können Verzögerungen und Unsicherheiten verursachen, wenn keine klaren Entscheidungsstrukturen etabliert und vor allem dokumentiert und festgehalten werden. Dazu eignet sich eine sinnvolle und detaillierte Ausarbeitung im Gesellschaftsvertrag.
2. Tipps für Geschwister in der Unternehmensnachfolge
2.1 Frühzeitige Planung
Eine strukturierte Nachfolgeplanung ist essenziell, um Unsicherheiten und Konflikte zu minimieren. Die frühzeitige Einbindung aller Beteiligten ermöglicht es, Erwartungen abzugleichen und einen realistischen Übergangsprozess zu gestalten. Dafür sind bewusste und gut geplante Gespräche notwendig, die nicht zwischen Tür und Angel passieren sollten und auf die sich alle ausreichend vorbereiten können. Denn schon beim Austausch zu einer möglichen Nachfolge können Geschwister gehemmt durch die Erwartungen und Rollen innerhalb der Familie sein, so dass möglicherweise nicht ausgesprochen wird, wenn mehrere Interesse an der Nachfolge haben. Es ist auch schwierig, innerhalb der Familie über eine mögliche Eignung, oder Nicht-Eignung zu sprechen. Etwas, was bei einer externen Besetzung der Stelle selbstverständlich wäre. Das Hinzuziehen einer Moderation bzw. eines Coaches kann auch hier helfen, ein realistisches und ungefiltertes Ergebnis zu erreichen.
2.2 Entwicklung einer gemeinsamen Vision
Geschwister sollten eine gemeinsame Vision für die Zukunft des Unternehmens entwickeln. Hierbei können Moderations-Workshops oder externe Berater helfen, unterschiedliche Perspektiven zu integrieren und ein gemeinsames Verständnis für die langfristigen Ziele zu schaffen. Wenn ein Nachfolger sehr nachhaltig, sozial und umweltbewusst denkt, sein Geschwister aber andere Ziele und Interessen verfolgt, wird das über kurz oder lang zu Differenzen führen. Auch unterschiedliche Führungsstile, Risikobereitschaft und Leistungsorientierung können zu Konflikten führen. Nur, weil sich die Personen als Geschwister kennen, heisst das nicht, dass sie sich beim Arbeiten kennen und einschätzen können. Ein Austausch zu diesen Themen und eine gemeinsame Planung vor dem Start der Zusammenarbeit unterstützen einen guten Ausgang.
2.3 Klare Aufgabenverteilung und Verantwortlichkeiten
Es ist wichtig, dass alle Beteiligten ihre Rollen kennen und akzeptieren. Hierbei helfen Stellenbeschreibungen, Organigramme und klare Zielvorgaben. Regelmäßige Abstimmungen und Feedbackgespräche fördern die Transparenz und das Vertrauen. Wenn das Unternehmen von einer einzelnen Person auf mehrere Personen übertragen wird, ist es besonders essentiell, die dadurch in der Organisationsstruktur entstehenden Veränderungen zu besprechen und die Organisationsstruktur neu aufzusetzen. Andernfalls gerät das gesamte Gefüge inklusive der Mitarbeiter in einen Zustand der Unklarheit.
2.4 Externe Unterstützung in Anspruch nehmen
Ein neutraler Dritter, wie ein Unternehmensberater oder Mediator, kann dabei helfen, emotionale Spannungen zu reduzieren, die systemischen Hintergründe in Familienunternehmen zu vermitteln und den Fokus auf sachliche Entscheidungen zu lenken. Externe Expertise ist dabei auch bei den kommunikativen und emotionalen Fragen hilfreich, nicht nur bei steuerlichen, rechtlichen und strategischen Fragen.
2.5 Klärung der Eigentumsverhältnisse und Klärung von Ausschüttungen, Gehältern etc.
Die Frage der Beteiligungen und der finanziellen Verteilung ist oft heikel. Soll das Unternehmen zu gleichen Teilen aufgeteilt werden, oder gibt es unterschiedliche Anteile? Für beide Versionen gibt es Vor- und Nachteile und viel zu beachten. Hier ist eine rechtzeitige Einigung und vertragliche Regelung notwendig, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Schwierig wird es auch, wenn „Bezahlung“ über die Ausschüttungen und die Wertsteigerungen der Anteile erfolgt und nicht über die den Stellen und Aufgabenbereichen entsprechende Gehälter. Dann kommt es leicht zu Konflikten, wenn die Annahmen im Raum stehen, dass einer mehr arbeitet, als der andere, die Gewinne aber an beide in gleicher Höhe ausgeschüttet werden.
Oft hilft in solchen Konstellationen ein Vergleich mit anderen Unternehmen. Im Familienunternehmen sollten solche Fragen so gehandhabt werden, wie in Nicht-Familienunternehmen.
3. Steuerliche und rechtliche Aspekte
3.1 Steuerliche Herausforderungen
Die Übertragung eines Unternehmens auf die nächste Generation kann erhebliche steuerliche Auswirkungen haben. Unter bestimmten Bedingungen können jedoch steuerliche Vergünstigungen wie die sogenannte Verschonungsregelung genutzt werden, um Schenkungs- oder Erbschaftssteuern zu minimieren.
3.2 Gesellschaftsrechtliche Regelungen
Es ist ratsam, frühzeitig gesellschaftsrechtliche Verträge wie eine Gesellschaftervereinbarung oder eine Familienverfassung aufzusetzen. Diese Dokumente sollten regeln, wie zukünftige Konflikte gelöst, Stimmrechte verteilt und Unternehmensentscheidungen getroffen werden.
3.3 Testament und Erbregelungen
Ein eindeutiges Testament des Unternehmers kann Klarheit schaffen und spätere Erbstreitigkeiten verhindern. Hierbei sollte sichergestellt werden, dass die Interessen aller Beteiligten fair berücksichtigt werden.
Für diese Themen brauchen Sie Experten. Bei Bedarf können sie aus meinem Netzwerk hinzugezogen werden.
4. Praxisbeispiele für erfolgreiche Unternehmensnachfolge durch Geschwister
Ein Blick auf erfolgreiche Unternehmensnachfolgen zeigt, dass eine strukturierte Vorgehensweise und eine offene Kommunikation entscheidend sind. Beispielsweise konnte ein Familienunternehmen im Bereich Personentransport durch Workshops vor Beginn der Zusammenarbeit der Geschwister viele Bedenken und Konflikte im Vorfeld auflösen, die Organisationsstruktur neu aufsetzen und optimieren, die zu besetzenden Bereiche entsprechend der Fähigkeiten und Interessen der Brüder zuordnen und die gewünschten Inhalte für den Gesellschaftervertrag vorstrukturieren. Aus den Workshops entstand dann auch eine gemeinsame Vision und Zielsetzung für die Zukunft des Unternehmens.
Ein weiteres Beispiel aus der Branche Eventorganisation und -durchführung zeigt, wie 3 Geschwister ihre Rollen im Unternehmen finden und besetzen konnten, wie sie sichergestellt haben, dass Konflikte konstruktiv ausgeführt werden und wie geklärt werden konnte, was sie im Falle eines Ausstiegs eines der Beteiligten tun können, um mit dem Ausstieg aus dem Unternehmen nicht auch einen Ausstieg aus der Familie zu verursachen.
5. Fazit
Die Unternehmensnachfolge durch Geschwister birgt sowohl Herausforderungen als auch Chancen. Ob die Chancen am Ende überwiegen, steuern Geschwister im Nachfolgeprozess selbst, wenn sie die oben angesprochenen Punkte beachten und sich Unterstützung holen. Dann kann eine gemeinsame nachfolge die beste Entscheidung für alle sein, denn es findet sich selten ein Vertrauter im beruflichen Umfeld, dem man so sehr vertrauen kann, wie den eigenen Geschwistern.
Mit einer offenen und lösungsorientierten Herangehensweise können Geschwister nicht nur die Zukunft des Unternehmens sichern, sondern auch ihre persönliche Beziehung stärken und das Erbe ihrer Familie in die nächste Generation bringen.
Checkliste für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge durch Geschwister:
- Frühzeitige Planung einleiten
- Gemeinsame Vision und Werte definieren
- Klare Rollen und Verantwortlichkeiten festlegen
- Externe Beratung einholen
- Steuerliche und rechtliche Rahmenbedingungen klären
- Regelmäßige Kommunikation sicherstellen
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